Liebe Mitstreiter*innen,
der 20. August, der Tag der Gerichtsverhandlung über die Klagen gegen das Brandenburgische Parité-Gesetz war ein wichtiger Tag für unsere Paritätsforderung, ich will Euch kurz meinen ersten Eindruck schildern:
Für die Presse und Öffentlichkeit standen leider nur 30 Plätze zur Verfügung. Das Interesse war viel größer, das zeigte sich an der Versammlung am Morgen, zu der wir zusammen mit Manuela Dörnenburg, der Landesgleichstellungsbeauftragten aufgerufen hatten. Es waren knapp 50 Befürworter*innen da, mehrheitlich Frauen. Guckt es Euch an: Es gibt tolle Bilder von Simone Ahrend auf unserer Facebook-Seite.
Vor Gericht: Fünf Frauen aus unseren Mitgliedsorganisationen konnten an der Verhandlung teilnehmen. Vier Richterinnen und fünf Richter bilden das Brandenburgische Landesverfassungsgericht. Der Landtag wurde von Prof. Dr. Jelena von Achenbach vertreten, die aus meiner Sicht starke Argumente überzeugend vorgetragen hat. Neben ihr saß die Landtagspräsidentin Prof. Dr. Ulrike Liedtke, die ein bewegendes Anfangsstatement gehalten hat. Beklagt wurde das Gesetz von NPD, AfD und Einzelpersonen der AfD (Duggen, Kalbitz, Bessin, Freiherr von Lützow). Vertreten wurde die NPD von Peter Richter und AfD von Prof. Schachtschneider. Es wurde acht Stunden lang verhandelt.
Ich gehe hoffnungsvoller nach Hause als ich gekommen bin und ich will kurz mitteilen warum (trotz des Thüringer Urteils):
Der Gleichstellungsauftrag ist in der Brandenburgischen Landesverfassung anders formuliert als in Thüringen – und konkreter als im Grundgesetz. Falls Ihr Euch auch gefragt habt, ob das Parlament dezidiert zum „öffentlichen Leben“ (siehe Landesverfassung) gehört: ja!
Das Landesverfassungsgericht befasst sich hier ganz offensichtlich unabhängig mit den Beschwerden. Ich bin überzeugt: Die Richterinnen und Richter werden eine ernsthafte Abwägung zwischen Grundrechten vollziehen: Wahlfreiheit (Bsp.: Problem für kleinere Parteien) hat das Gericht mehr beschäftigt als Parteienfreiheit. Diese Abwägung ist nicht eindeutig und auch die Entscheidung aus Thüringen wird ja noch vom Bundesverfassungsgericht bewertet werden.
Prof. Dr. Jelena von Achenbach hat mich sehr begeistert, und, was vielleicht im Vergleich zu Thüringen auch von Vorteil sein wird, hat eine ganz andere Argumentationsstrategie als Prof. Silke Laskoswki, die in Thüringen das Gesetz verteidigt hat.
Die Auseinandersetzung um das Paritätsgesetz in den letzten Jahren bis heute hat gezeigt, dass das Gesetz einen breiten Rückhalt in Politik und Zivilgesellschaft hat. Das sieht man auch an dem überparteilichen Statement der Landtagspräsidentin, den frauenpolitischen Sprecherinnen und Fraktionsvorsitzenden. Wir werden demnächst ausführlicher über die Argumente berichten – inklusive unterirdischer Statements der AfD und NPD.
Zum Vormerken: Die Verkündung des Urteils ist am 23. Oktober um 10:00 Uhr.
Verena Letsch