Frauen sind diversen Herausforderungen in der Kommunalpolitik ausgesetzt. Dazu gehören neben überholten Geschlechterstereotypen und Sexismus auch Bedrohungen und (digitale) Gewalterfahrungen.
Die Bedrohungslage von kommunalen Amts- und Mandatsträgerinnen wurde in der Kommunalstudie (2022) des Brandenburger Innenministeriums untersucht. Ein Ergebnis war, dass mehr als jede dritte Person mit einem kommunalpolitischen Amt oder Mandat im Untersuchungszeitraum von 2014-2021 Opfer von Angriffen geworden ist. Frauen sind dabei leicht häufiger betroffen. Bei ihnen kommen sexualisierte Anfeindungen, Beleidigungen, Drohungen und Gewaltphantasien als besondere Form der Belastung hinzu.
Liebe Frau Augustin, wie sehr haben Sie sich über die Einführung der Frauenquote in Ihrer Partei gefreut?
Ich habe mich sehr gefreut und bin dankbar, dass wir nach einem langen Wege endlich ein Stück weiter sind! 2019 hat die Frauen Union der CDU Deutschlands den Prozess mit einem Antrag auf dem damaligen Bundesparteitag angestoßen. Das Ergebnis war die Einberufung der Struktur- und Satzungskommission, an der alle Vereinigungen und Landesverbände der CDU beteiligt waren. Für die CDU Brandenburg war ich als einzige Frau dabei.
Auf dem Bundesparteitag am 09./10. September in Hannover haben die Delegierten der CDU für die Einführung einer Frauenquote gestimmt. Damit folgten sie dem Vorschlag des Parteivorsitzenden Friedrich Merz. Das Thema sorgte bereits im Vorfeld für angeregte Debatten und ist weiterhin umstritten.
Das Thema Parität ist ein Dauerbrenner. Im Jahr 2022 ist immer noch keine gleiche Repräsentanz aller Geschlechter in der Politik erreicht. Im Bundestag liegt der Frauenanteil bei 34,7%. Der Brandenburger Landtag kommt auf einen Frauenanteil von 35,2%. In den Brandenburger Kreistagen und Stadtverordnetenversammlungen der kreisfreien Städte sind 27,6% Frauen vertreten.
Sexuelle Belästigung und Übergriffe sind leider in keinem Kontext auszuschließen. Auch Parteien sollten darauf eine Antwort haben, um den Opfern schnell und professionell zur Seite stehen und weitere Schritte einleiten zu können. Die Parteien sind darauf unterschiedlich vorbereitet.
Das zeigt, dass das Problem noch nicht von allen als solches ernst genommen wird. Es fehlen strukturelle Antworten. Das ist fatal für die Betroffenen und verschließt die Augen davor, dass auch sexuelle Übergriffe in der Politik immer noch weit verbreitet sind. Laut einer Studie der EAF (2021) wurden bereits 40% der befragten Politikerinnen und 60% der unter 45-Jährigen sexuell belästigt.
Die “Sächsische Fachkommission zur gleichberechtigten Teilhabe von Frauen an Wahlämtern” hat am 16.06.2022 Vorschläge zur Erhöhung des Frauenanteils auf der Kommunal- und Landesebene. Manche der Empfehlungen werden in Brandenburg schon umgesetzt – und einige weitere sind schon in Vorbereitung!
Der Frauenanteil in den Kreistagen und Stadtverordnetenversammlungen der kreisfreien Städte Brandenburgs liegt bei 27,6% (Bonk und Obinger, 2022). Gleichstellung in Brandenburg? Immer noch ein langer Weg!
Zur Verwirklichung der Parität braucht es verschiedene Strategien. Die Gründung lokaler Paritäts-Netzwerke, die Sichtbarmachung von Frauen als Vorbilder in politischen Verantwortungspositionen, gezielte Medien- und Öffentlichkeitsarbeit und die strategische Vorbereitung politischer Schritte gehören dazu. Letzteres passiert im Bündnis für Parität Brandenburg. Hier brauchen wir alle Paritäts-Unterstützer*innen!
Michendorf, an einem Dienstagabend im Mai. Es treffen sich Bürgermeisterin und Gleichstellungsbeauftragte, Ortsvorsteherin und Kreistagsmitglied, Bürgermeisterkandidatin und Verwaltungsmitarbeiterin, Parteimitglied und Parteilose.
Ist es ein Problem, wenn sich wieder nur Frauen über Quoten, Kinderbetreuung und den geringen Frauenanteil in der Kommunalpolitik unterhalten? Im Anschluss an die Präsentation der Studie „FRAUEN MACHT BRANDENBURG“ wird breit diskutiert:
Am 4. April wurde die “Kommunalstudie Brandenburg” durch das Ministerium des Innern und für Kommunales vorgestellt: jede dritte befragte Person mit einem kommunalpolitischen Amt oder Mandat wurde bereits mindestens einmal Opfer eines Angriffs in Form einer Beleidigung, Bedrohung, Sachbeschädigung oder körperlicher Gewalt. Erschreckend dabei ist, dass laut der Studie fast 44 Prozent der Angriffe aus dem kommunalpolitischen Raum selbst stammen. Die daraus resultierenden emotionalen und psychischen Folgen halten bei den Betroffenen häufig lange nach und fallen umso stärker aus, wenn die Täter:innen aus dem eigenen, bekannten politischen Umfeld kommen.