Pressemitteilung: Der Thüringer Verfassungsgerichtshof kippt das Paritätsgesetz

Das am 01. Januar 2020 in Kraft getretene Thüringer Paritätsgesetz wurde heute vom Thüringer Verfassungsgerichtshof gekippt. Das Votum fiel nicht einstimmig aus. In Brandenburg wird das Verfassungsgericht am 20. August verhandelt. Das Grundgesetz der Bundesrepublik schreibt die Gleichberechtigung von Männern und Frauen vor und verpflichtet den Staat dazu, die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung zu fördern – dazu bedarf es strukturelle Maßnahmen. 

Brandenburg und Thüringen waren die ersten Bundesländer, die den Mut hatten, Vorgaben für die Landeslisten zu treffen, die eine angemessene Berücksichtigung von Frauen vorsehen. Die AfD-Fraktion hatte als einzige Oppositionsfraktion gegen das von der ehemaligen rot-rot-grünen Mehrheit beschlossene Thüringer Paritätsgesetz Klage eingereicht. Das Thüringer Verfassungsgericht gab der AfD-Fraktion Recht. Die Freiheit der Wahl verlange, dass Wahlen nicht durch Zwang und Druck des Staates durchgeführt würden, sagte der Präsident des Verfassungsgerichtshofes, Stefan Kaufmann, zur Begründung.

Verena Letsch, Pressesprecherin vom Frauenpolitischen Rat Land Brandenburg e.V. (FPR): „Das Urteil ist bedauerlich. Wir werden die Urteilsbegründung in Ruhe auswerten und daraus weitere Schlüsse ziehen. Unser Ziel haben wir noch nicht erreicht.Obwohl in Deutschland ca. eine Million mehr Frauen als Männer leben, sind sie nur zu einem Drittel in den Parlamenten vertreten. Geschlechtergerechtigkeit ist kein Selbstläufer, es braucht strukturelle Veränderungen.“

Der FPR hatte gemeinsam mit dem Deutschen Frauenrat und der Konferenz der Landesfrauenräte mit der Kampagne „Wir brauchen Parität“ im Vorfeld der Urteilsverkündung bundesweit auf dieses Ereignis aufmerksam gemacht. Auch Ministerpräsident Dr. Woidke unterstützt die Kampagne. 

Im August wird bei uns in Brandenburg vor dem Landesverfassungsgericht über das Parité-Gesetz verhandelt. Es ist zu befürchten, dass sich die Brandenburger Verfassungsrichter*innen am Thüringer Urteil orientieren werden. 

Der Frauenpolitische Rat Brandenburg e. V. wird am Ball bleiben und alle Kräfte mobilisieren, das Ziel der tatsächlichen Gleichberechtigung zu erreichen. Die Zeit ist Zeit reif für Veränderungen.

Hintergrundinformationen:

  1. Der Frauenanteil liegt im Thüringer Landtag, genau wie im Deutschen Bundestag, bei 31 Prozent; in Brandenburg bei 34 Prozent. – Damit sind nicht einmal ein Drittel der Parlamentarier weiblich.
  • Der Thüringer Verfassungsgerichtshof setzt sich aus acht Männern nur einer Frau zusammen (die einzige Frau hat für das Gesetz gestimmt)

In zahlreichen Bundesländern wird über eine Paritätsregelung diskutiert: So gibt es in Berlin Überlegungen in der rot-rot-grünen Koalition. In Bremen vereinbarte Rot-Grün-Rot im Koalitionsvertrag ein Gesetz nach dem Brandenburger Modell zu prüfen. In Hamburg soll sich die neue Bürgerschaft für paritätische Wahllisten einsetzen. In Niedersachsen kündigte die SPD einen Vorschlag an, nachdem Ministerpräsident Stephan Weil für eine Änderung des Wahlrechts plädiert hatte. In Rheinland-Pfalz sprach sich Frauenministerin Anne Spiegel (Grüne) 2019 für ein Paritätsgesetz aus. Sachsen-Anhalts Justizministerin Anne-Marie Keding (CDU) hält eine solche Regelung dagegen für rechtlich angreifbar.

Als Ansprechpartnerin für Ihre Fragen steht Ihnen unsere Pressesprecherin Verena Letsch gerne zur Verfügung! 

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